was schreibt man über sie ? - die presse
 
„Fromme Bratwürschte"
bringen Sinn und Unsinn des Lebens auf die Bühne (dran)

Felix, zwölf Jahre, hatte abgesahnt beim Ratespiel des lokalen Rundfunksenders: Gewonnen hatte er „Bratwurscht gratis", und ihm lief schon vor lauter Vorfreude das Wasser im Munde zusammen. Aber er hatte sich getäuscht: Kein Schnellimbißgutschein, sondern freier Eintritt für einen christlichen Kabarettabend.

Diese Art von Mißverständnissen ist nicht neu, denn selbst innerhalb des Blödeltrios ist der Name umstritten. Seine nähere Bedeutung ist bisher streng geheim, eine Art Mysterium: Man kann darüber meditieren, sich ihm nähern, aber die konkrete Definition bleiben selbst die Verantwortlichen schuldig. So sorgt „Bratwurscht" weiter ungelöst für prägnante Werbung ohne Verstehen. Die Künstler wurden bereits von einem Veranstalter als Franken (Heimatland der Bratwurscht: „Drei in an Weckla") präsentiert, obwohl sie aus Bad Mergentheim/Baden-Württemberg kommen. Wer oder was aber ist „Bratwurscht"?

Live könnte „Bratwurscht" etwa so aussehen: Drei hagere Putzfrauen mit Schrubber und Sonnenbrille stürmen in die heiligen Hallen des Veranstaltungssaals: Hi, Schwester, toll, daß du da bist!"- „Oh Bruder du bist auch gekommen, cool!"-„Okay, give me five" im Handumdrehen ist ein rassiger Black-Gospel Gottesdienst im Gange, der sich allerdings nicht um der Erlöser, sondern um Fettlöser dreht: Ohne „Meister Propper" konnten sie „nicht bestehen", sie „brauchen ihn" ebenso wie die vom Publikum erbetenen „Taschentücher", gebraucht oder ungebraucht, im tränenreichen Soul des Stückes. Ironischer Unsinn, und doch interpretiert manche Zuschauerin voll schlechten Gewissens ihre Putzgötzen in den Text hinein. Dann eine Pantomime auf Frank Zanders Falco-Verschnitt „"Jeanny". Und wie die Faust aufs Auge eine „Selbstoffenbarung", wie Werner Fritz sein Zeugnis nennt. Er will nicht nur „ein paar lockere Sprüche reißen", was „meistens ein paar Leute witzig finden", sondern wenn das Publikum schon „die Show über sich egehen lassen muß", dann habe es auch ein Recht darauf zu erfahren, was die Künstler persönlich bewege. Nachfolgend ein „Furzlied" auf den Queentrack „we will rock you" mit anschließender Charismatikerpersiflage.

Dieses bunte Gemisch wirkt anfangs wie eine Zusammenarbeit von Otto Waalkes mit Billy Graham. Totaler Unsinn, Teenagerfrust und schockierende christliche Glaubenserfahrungen: Ständige Heißkaltduschen ergießen sich wie Bratwurscht mit Sahne in den geistigen Verdauungsapparat. Animation bis zum Abwinken („In Dresden haben sie an der Stelle geklatscht."), Berichte, wie einer der drei zum Glauben kam, Hiphop zum Mitmachen und Einblicke in tiefstes persönliches Leid folgen abrupt aufeinander.

Doch das ist nicht billig zusammengeschustert, kein Zufallsergebnis der Amateurgruppe, sondern Kalkül. „Bratwurscht" will einerseits deutlich machen: Christsein ist alles andere als langweilig, Christen können cool, witzig und sinnlos fröhlich sein. Aber andererseits soll das Publikum nicht mit momentanen Gefühlen in irgendeine Richtung gedrängt werden. Keiner der Zuschauer solle eine Glaubens-entscheidung auf einer Gefühlsbasis fällen, denn das sei zu kurz gegriffen. Vielmehr wollen die drei „Würstchen" sehr persönlich, fast schon stripmäßig, sich dem Publikum aufdrängen, es zum Nachdenken bringen, so daß sich hinterher gute Gespräche ergeben. Und die gibt es auch reichlich ( im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen aus der Szene).

„Bratwurscht" sind keine jahrelangen Insider oder 5.-Generations-Baptisten. Völlig unterschiedliche Schicksale führten sie zum christlichen Glauben und schließlich vor zwei Jahren zusammen. Da ist der Pantomime Werner Fritz, der im pietistischen Elternhaus „Stories von Gott und Jesus ohne Ende `reingeknallt` „ bekam und erst zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus fand, als er Christen traf, die ihn so akzeptierten, wie er ist. Oder der Musiker Peter Kettemann, den ein befreundetet Rockmusiker zum Leiten eines Kinderchors überredete („Von der Rockband zum Kinderchor, das ist ziemlich weit!"), und der nach intensivem Lesen der Bibel Christ werden wollte. Und schließlich das dritte „Bratwürstchen" Bruno Jans, der auf der Bühne preisgibt, den Unfalltod eines Freundes auf dem Gewissen zu haben: Er erzählt, wie der durch die „Vergebung am Kreuz diese Last loswurde."